Veranstaltungen
Veranstaltungsreihe: Ästhetik der religiösen Begegnung
Ringvorlesung
»Das Seufzen der Tiere. Tauben. Wem gehört die Stadt?«
Termine
Do., 28.04.202218:00 Uhr - 19:30 Uhr
Standort
Theologische Fakultät der Humboldt-Universität zu BerlinEintritt
frei Religion. Spiritualität. GAIA oder playing God.
Spiritualität und Verantwortung im Anthropozän
»Das Seufzen der Tiere. Tauben. Wem gehört die Stadt?«
Karin Schneider, Autorin
Gespräch mit Prof. Dr. Andreas Feldtkeller, Studierenden und interessierte Menschen
» Wo es Stadt gibt, da gibt es auch Stadttauben. Und wo es Stadttauben gibt, da gibt es auch Widerstand.« Fahim Amir Die Taube ist nicht nur das älteste, sondern auch das umstrittenste Haustier der Menschheit: als Heilsbringerin und Symbol des Heiligen Geistes verehrt, als Fassadenbeschmutzerin bekämpft, zum Champion im Fernflug herangezüchtet und als angebliche Plage vergiftet. Man braucht schon das Heimfindevermögen militärisch ausgebildeter Brieftauben, um in diesem Dickicht von Widersprüchen nicht die Orientierung zu verlieren – oder auch das Know-how des Taubenpaars, das für Aschenputtel selbstlos die guten Linsen ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen sortierte. Tatsächlich dürfte es die Kropfmilch sein, mit der sowohl Täubin als auch Tauber ihren Nachwuchs versorgen, die es den verwilderten Nachfahren domestizierter Tauben erlaubt, in den zugigen Nischen von Hochhäusern zu brüten und mit ihrer erstaunlichen Masse, ihrer Sichtbarkeit und ihrer zupickenden Art die alte Frage »Wem gehört die Stadt?« lautstark gurrend zu beantworten. Karin Schneider verfolgt den Sturzflug von der himmlischen Friedensbotin, deren Nachkommen als Ratten der Lüfte gebrandmarkt den Müll der Metropolen durchstöbern, mit Scharfsinn und Empathie für die urbanen Außenseiter.
Religion. Spiritualität. GAIA oder Playing GOD
Der Ausdruck Anthropozän entstand als Vorschlag zur Benennung einer neuen geochronologischen Epoche: nämlich des Zeitalters, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Über Jahrmilliarden formten die Elemente Feuer, Wasser und Luft die Erde – bis der Mensch den Planeten innerhalb kürzester Zeit gravierend veränderte. Wissenschaftler sprechen heute vom Anthropozän, dem Zeitalter des Menschen, einer neuen geochronologischen Epoche: nämlich des Zeitalters in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Gegebenheiten wird. Unsere Vorstellung von der Natur ist überholt. Der Mensch formt die Natur und zugleich kann er sich aus ihr nicht herauslösen. Das ist der Kern der Anthropozän-These, die einen Paradigmenwechsel nicht nur in den Wissenschaften ankündigt, sondern darüber hinaus in Religion, Kultur, Landwirtschaft, Ökonomie, Kunst, Politik und Alltag. Das Anthropozän bringt eine tiefgreifende ökologische Diagnose auf den Begriff: Der Mensch hat das gesamte Erdsystem so gravierend verändert, dass wir von einer neuen erdgeschichtlichen Epoche ausgehen müssen. Klimawandel, Artenschwund, die Störung wichtiger Stoffkreisläufe, die Versauerung der Meere, industrielle Landwirtschaft, Versteppung und Entwaldung, allgegenwärtige Toxine, Wirtschafts- und Finanzkrisen sind nur einige Dimensionen dieses tiefgreifenden Wandels.
Spiritualität und Verantwortung im Anthropozän
Mit dem Anthropozän, dem Zeitalter des Menschen, sind wir an einem Tipping Point angekommen. Er besteht nicht allein darin, dass der Klimawandel einen Punkt erreicht hat, der selbstverstärkend wirkt, oder die natürlichen Ressourcen dramatisch zur Neige gehen: Wenn das, was wir bisher als Natur verstanden haben, von Menschen gemacht ist, funktionieren Dualismen wie Natur/Kultur oder Subjekt/Objekt nicht mehr in ihrer althergebrachten Funktion. Die untrennbare Verkettung von industriellem Stoffwechsel, Klimawandel, Verstädterung, Bodenerosion und Artensterben, aber auch ein neues gesellschaftliches (Selbst-)Bewusstsein, haben gezeigt: Die rasante Neuformation von Ursache und Wirkung, Mittel und Zweck, Quantität und Qualität erfordert eine neue Erschließung von Welt, die nicht auf postmoderne Diskurse, sondern auf materielle Prozesse abzielt. Ein neues Staunen über das Wunder Erde ist gefragt: Was können wir tun, wie können wir wissen – und inwiefern hängt beides zusammen? Mit welchen Mitteln, Methoden und Sinnen können wir der von uns selbst geschaffenen Welt begegnen? Und was sind planetare Belastbarkeitsgrenzen? Das Anthropozän ist Verantwortung wie Chance: Kann der Mensch entscheiden, wenn ja, kann er doch dies nur tun, wenn Wissen und Handeln aufeinander bezogen bleiben. In der Veranstaltungsreihe »Ästhetik der religiösen Begegnung« loten wir die vielfältigen Implikationen dieser Hypothese aus und fragen nach, ob es neue Narrative des Wandels benötigt, um eine zukunftsfähige Gesellschaft von morgen zu gestalten.
Weitere Informationen
Veranstalter: Theologische Fakultät und Kunstplanbau e.V.
Referenten: Karin Schneider, Autorin
Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Andreas Feldtkeller
Kontakt
kunstplanbau@web.de
Telefon: 030 2093-91790
kunstplanbau@web.de
Adresse
Burgstraße26, 10178 Berlin
Raum: 117
Weitere Termine der Reihe
- 05.05.2022: »Change yourself and you change the world«
- 05.05.2022: »Wie sollen wir Menschen mit Schöpfung, Natur und Umwelt umgehen? «
- 02.06.2022: Östliche/Westliche Spiritualität im zeitgenössischen Verständnis.
- 14.07.2022: »Schöpfungsmythos der Upanishaden «
- 14.07.2022: »Gott spielen oder schöpferisch werden? «
- 21.07.2022: »»Spiritualität im Spiegel der Phänomenologie. «
- 02.09.2023: Klang der Erde